Jobabbau

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25.08.2009 Kahlschlag kommt nach der Wahl

Kahlschlag kommt nach der Wahl

von Daniel Schäfer (Frankfurt) Richard Milne (London) und Birgit Marschall (Berlin)

Die deutsche Industrie will Stellen im großen Umfang streichen - sobald die Bundestagswahl vorüber ist. Dann läuft das Stillhalteabkommen mit Berlin aus.

Eine Art Stillhalteabkommen zwischen Industrie und Regierung verhindert derzeit einen größeren Arbeitsplatzabbau in Deutschland. Der Pakt gelte bis zur Bundestagswahl am 27. September, erfuhr die Financial Times von mehreren Spitzenmanagern. "Deutschland ist momentan vor Veränderungen sicher. Aber nach der Wahl wird sich die Botschaft ändern. Das ist ganz normal", sagte Hakan Samuelsson, Vorstandschef des Münchner Dax-Konzerns MAN.

Das Eingeständnis der Manager belegt Befürchtungen, dass den deutschen Arbeitnehmern die härtesten Einschnitte noch bevorstehen - auch wenn die Wirtschaft wieder zu wachsen beginnt. Bislang verzichten die meisten Unternehmen auf Stellenstreichungen.

Die Bundesregierung fördert diesen Kurs, etwa durch das milliardenteure Programm zur Kurzarbeit. Experten bezweifeln jedoch, dass die Wirtschaft diesen Kurs beibehalten kann: In puncto Produktivität haben die deutschen Unternehmen zuletzt deutlich an Boden verloren, vor allem im Vergleich zur US-Industrie, die die Krise zur Sanierung genutzt hat.

Den Angaben der Managern zufolge bestehen im Maschinenbau und der Automobilindustrie weiterhin hohe Überkapazitäten. "Mit Kurzarbeit lässt sich dem nicht beikommen, denn die Unternehmen haben richtig zu leiden", sagte der Unternehmer Reinhold Würth. Samuelsson zufolge verliert Deutschland in vielen Fällen hinsichtlich notwendiger Umstrukturierungen kostbare Zeit. Die USA seien im Anpassen schneller.

Horrorszenarien, wie sie noch vor wenigen Wochen kursierten, sind nach Ansicht deutscher Topökonomen trotzdem unwahrscheinlich. Mehr als 90 Prozent der Chefvolkswirte, die die FTD in ihrer monatlichen Exklusivumfrage für den Konjunkturschattenrat befragt, schließen einen Anstieg der Arbeitslosenzahl auf fünf Millionen bis Anfang 2011 aus. Die saisonbereinigte Erwerbslosenzahl werde bei etwa 4,5 Millionen liegen, sagte Kai Carstensen, Konjunkturchef des Münchner Ifo-Instituts.

Erholung mildert Krisenfolgen

Der Aufschwung im zweiten Halbjahr wird nach Meinung der Volkswirte kräftiger ausfallen als bisher erwartet. Insgesamt soll die Wirtschaftsleistung 2009 jedoch um 5,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr schrumpfen - bislang waren die Ökonomen im Schnitt von sechs Prozent ausgegangen.

2010 beschleunige sich das Wachstum auf Raten zwischen 1 und 2,5 Prozent, so der Schattenrat. Auf einen robusten Aufschwung ließen am Freitag auch die deutschen Einkaufsmanagerindizes schließen. Der Gesamtindex für Industrie und Dienstleister sprang deutlich auf 54,2 Punkte und damit erstmals seit August 2008 wieder über die 50-Punkte-Expansionsschwelle.

Letzte Änderung: 25.08.2009