Bericht, Schwarzwälder Bote, 12.11.2022

IGM - IG Metall

14.11.2022 Streik im Raum Horb: Wichtigsten Unternehmen der Region droht der Stillstand

Volle Auftragsbücher, Arbeiten bis zum Anschlag, viele Überstunden.
Doch jetzt droht den wichtigsten Unternehmen der Metall-Branche im
Kreis Freudenstadt der Stillstand.
Horb/Empfingen/Region - Denn IG Metall und Betriebsräte drohen
mit Streiks. "Wir können den Arbeitgebern richtig weh tun", spitzt es
Georg Faigle, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Freudenstadt,
zu.

Auslöser: Südwestmetall lehnt die Forderung der Gewerkschaft
(https://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.tarifkonflikt-dermetaller-
tarifpartner-suchen-die-rasche-einigung-imsuedwesten.
4da7cedd-8df4-45d2-aefc-dd2033a32413.html)bisher ab. Forderung: eine "tabellenwirksame Erhöhung" von acht Prozent.
Faigle begründet, warum die Forderung seiner Meinung nach
gerechtfertigt ist: "Dieses Jahr wird ein Riesensuperjahr für die
Unternehmen, nächstes Jahr wird es auch sehr gut." Die
Auswirkungen der Energiekrise? Laut den Betriebsräten der
Unternehmen kaum zu spüren. "Man hat alles 1:1 an die Kunden
weitergegeben", berichtet Werner Hagenlocher,
Betriebsratsvorsitzender von Bosch Rexroth. Er und andere
Betriebsräte von Bosch Rexroth, Ceratizit und Lauffer berichten, wie
die Situation in den jeweiligen Unternehmen ist.

Bosch Rexroth: gute Geschäftslage, viele Überstunden
1108 Mitarbeiter arbeiten für Bosch Rexroth in der Niederlassung in
Horb. Hagenlocher: "Die Geschäftslage ist gut. Es wird auf der
höchsten Stufe gearbeitet. Auch die Aussicht für das nächste Jahr
ist sehr gut. Wir fahren schon das ganze Jahr über Überstunden und
werden auch noch bis Ende des Jahres unter Volllast arbeiten." Die
Forderung der Gewerkschaft sei also "absolut gerechtfertigt".
Michael Engel, Mitglied der großen Tarifkommission Baden-
Württemberg und freigestellter Betriebsrat von Bosch Rexroth, sagt:
"Der Fachkräftemangel ist zu spüren. Unser Betriebsrat fordert bisher
vergeblich, die Ausbildungsquote zu erhöhen. Zumindest werden alle
Auszubildenden übernommen."
Die Streikbereitschaft im Unternehmen sei hoch. "Ein Streik würde
dem Unternehmen weh tun, weil wir jetzt schon keine Mehrarbeit
genehmigt haben und wir bei den Aufträgen eh schon im Rückstand
sind." Beim ersten Warnstreik seien die Hallen bereits komplett leer
gewesen.

Ceratizit: Erst Personalabbau, jetzt sehr gute Auftragslage
Aktuell hat Ceratizit in Empfingen 260 Mitarbeiter. Zuvor wurden 104
Stellen abgebaut - die meisten bis Februar 2022.
Betriebsratsvorsitzender Hartmut Friesinger: "Im Abbau hat man
gemerkt, dass man nicht auf alle verzichten kann und hat versucht,
wieder Leute zurückzuholen." Auch bei Ceratizit sei die Auftragslage
sehr gut. "In diesem Geschäftsjahr sind wir sehr gut unterwegs."
Gerade wolle das Unternehmen aber nur Leiharbeiter zusätzlich
anstellen, da man 2023 eine Rezession befürchte. IG-Metaller Faigle
hält dem entgegen: "Minus 0,2 Prozent Prognose ist kein Absturz,
sondern höchstens eine kleine Delle." Hagenlocher von Bosch
Rexroth stimmt zu: "Wenn es weniger wird, dann arbeiten wir endlich
mal normal." Allerdings: Auch für 2023 habe Ceratizit schon
Mehrarbeit angekündigt. Das Unternehmen scheint also selbst nicht
mit einer harten Rezession zu rechnen.

Lauffer: hoher Planungsaufwand, hohe Anforderungen an Mitarbeiter
Bei Lauffer in Horb mit 253 Beschäftigten ist die Lage ein bisschen
schwieriger, wie Betriebsratsvorsitzender Eberhard Gsell erklärt. "Die
Auftragsbücher sind voll, aber es ist nicht leicht, die Aufträge alle
abzuarbeiten." Hier wirke sich noch die Corona-Krise aus. Auch
Lieferengpässe seien ein Problem. Gsell: "Es gibt sehr hohe
Planungsaufwände, um die Maschinen termingerecht rauszubringen.
Das ergibt hohe Anforderungen an die Mitarbeiter, die sich
besonders flexibel zeigen müssen. Die Mitarbeiter sind dazu bereit,
wollen aber auch gerecht entlohnt werden."
Die Streikbereitschaft sei zu spüren. "Mit zwei, drei Prozent wollen
sich die Leute nicht zufriedengeben." Der Fachkräftemangel sei
präsent, die Unternehmen müssten aber auch bereit sein, eine
gerechte Bezahlung anzubieten. "Viele Jahre lang hat es
Einkommensverluste gegeben. Die letzten Tarifrunden liefen nicht
gut. Einmalzahlungen reichen nicht mehr aus", so Gsell.

"Streikfest" in Horb
Ihren Forderungen wollen die Arbeitnehmer am kommenden
Mittwoch, 16. November, auf dem Horber Festplatz mit einem
"Streikfescht" Nachdruck verleihen. Hier wird Christiane Benner,
zweite Vorsitzende der IG Metall Deutschland, erwartet. Los gehen
soll es um 12:30 Uhr.

Anhang:

Foto Bosch Rexroth

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Letzte Änderung: 14.11.2022