Instinktloser geht es kaum!

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14.04.2022 Pressemitteilung des DGB zum verkaufsoffenen Sonntag am 1. Mai in Nagold

In Nagold wird der Tag der Arbeit am 1. Mai zum Tag
des Konsums. Der City-Verein Nagold e. V. will den diesjährigen
Feiertag der Gewerkschaften als verkaufsoffenen Sonntag nutzen
und beweist damit ein Höchstmaß an mangelnder Sensibilität!
Seit zwei Jahren sind die Beschäftigten in vielen
Wirtschaftsbereichen massiv von der Corona-Pandemie betroffen.
Nichts ist mehr normal und trotzdem läuft es in diesem Land.
Warum? Weil die Beschäftigten sich mächtig ins Zeug legen. Sei es
ganz sichtbar in den Krankenhäusern, in den Kindertagesstätten
oder Schulen, sei es weniger sichtbar in den öffentlichen
Verwaltungen, im Handel und der Gastronomie, oder sei es, nahezu
unbemerkt von der Allgemeinheit in Produktionsbetrieben und im
Handwerk.
Abgesehen von den politisch zu Recht verordneten Beschränkungen,
lief das Leben scheinbar normal weiter, aber hinter den Kulissen
waren es die Beschäftigten, die "den Laden am Laufen hielten".
Verzicht, Einsatz über Belastungsgrenzen hinaus, hohe Flexibilität -
die Beschäftigten haben es erduldet und weitergemacht. Und jetzt,
ausgerechnet am höchsten Feiertag der Werktätigen, beabsichtigt
die Stadt Nagold, mit einem verkaufsoffenen Sonntag dem
darbenden Einzelhandel gute Geschäfte zu bescheren.
Die Absicht mag eine hehre sein, denn auch viele Einzelhändler
mussten während der Lockdowns und Einschränkungen vieles
erdulden - wie übrigens auch deren Angestellte. Sich hierfür
ausgerechnet den 1. Mai auszuwählen ist deshalb umso instinktloser
und muss als Schlag ins Gesicht aller Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer gewertet werden.
Die DGB-Gewerkschaften werden sich mit den Kirchen verständigen
und entsprechend auf die Pläne der Stadt Nagold reagieren.
Rein rechtlich hätte die Möglichkeit bestanden, im Vorfeld
miteinander ins Gespräch zu kommen und diese Konfrontation zu
verhindern. Nach §8 im Gesetz über die Ladenöffnung in Baden-
Württemberg dürfen sonntags die Geschäfte bei örtlichen Festen,
Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen geöffnet werden.
Doch so einfach ist dies nicht, inzwischen ist diese Regelung
höchstrichterlich unterbaut.
Danach müssen die Feste u.a. einen historischen Charakter haben und der wesentliche Punkt ist: diese Feste müssen die Hauptmasse an Besuchern in die Stadt ziehen und nicht der verkaufsoffene Sonntag. Dies muss im Einzelfall auch nachgewiesen werden. Also gibt es erhebliche Hürden und dies ist auch gut so.
Die Gewerkschaft ver.di wird rechtliche Schritte einleiten.
Der Sonntag gehört der Familie, dem Hobby und der Erholung. Und der 1. Mai den Gewerkschaften und den Arbeitnehemrinnen und Arbeitnehmern. Wir können nur an die Bevölkerung appellieren, diesen verkaufsoffenen Sonntag, unabhängig von einer gerichtlichen Entscheidung, zu boykottieren und lieber den Maifeiertag zu begehen.
Oberbürgermeister Großmann hat im Gemeinderat laut Schwarzwälder Boten gesagt, wenn der Gemeinderat die verkaufsoffenen Sonntage ablehne, zeige er dem Handel die kalte Schulter.
Dazu sagt Thorsten Dossow, Geschäftsführer der Gewerkschaft ver.di: "Lieber Oberbürgermeister Großmann, damit zeigen Sie nicht nur den Beschäftigten im Einzelhandel die kalte Schulter, sondern allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Profit ist scheinbar deutlich wichtiger als die Menschen."
Die Zeiten für den stationären Einzelhandel sind schwierig - richtig - aber es gibt gewiss bessere Konzepte und Strategien einer Kommune als diese. Und auf jeden Fall bessere Tage für einen verkaufsoffenen Sonntag als den 1. Mai.

Letzte Änderung: 14.04.2022