So steht die IG Metall zu TTIP und CETA

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06.08.2015 Das Freihandelsabkommen TTIP soll die Europäische Union und die USA zum weltgrößten Wirtschaftsraum verbinden. Doch der Plan birgt Gefahren: für Demokratie, Umwelt, Rechte der Arbeitnehmer.

Was ist was?
TTIP steht für "Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft". Es ist ein Freihandelsabkommen, das den Austausch von Waren und Dienstleistungen zwischen den USA und der Europäischen Union (EU) vereinfachen soll. CETA ist das entsprechende Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada. Es ist nahezu ausverhandelt und gilt als Blaupause für TTIP.

Worüber wird bei TTIP und CETA verhandelt?
Gegenstand der Verhandlungen sind Zölle, Qualitätsstandards, technische Standards und Vorschriften zur Etikettierung. Außerdem geht es um die Regeln zur Vergabe öffentlicher Aufträge, die Liberalisierung des Dienstleistungssektors und den Schutz ausländischer Investoren vor entschädigungsloser Enteignung.

Warum Handelsabkommen?
Befürworter versprechen sich von TTIP und CETA ein Plus im transatlantischen Handel. Die Unternehmen in der EU, den USA und Kanada sollen profitieren - durch steigende Produktivität, sinkende Herstellungskosten, höhere Wettbewerbsfähigkeit.

Beispiel: Deutsche Autohersteller müssen sich derzeit mit abweichenden technischen Normen herumschlagen, wenn sie Autos für den US-Markt entwickeln. Dabei geht es teils um banale Dinge, wie die Farbe der Blinker oder die Länge von Stoßstangen.

Warum ist die IG Metall gegen TTIP?

1. Arbeitnehmerrechte in Gefahr
Vereinigen sich die USA und Europa zu einem Wirtschaftsraum, können deutsche Arbeitnehmerrechte und Sozialstandards unter Druck geraten. In den USA ist die Stellung von Gewerkschaften und Arbeitnehmern deutlich schwächer als in Deutschland. Die Organisation einer Arbeitnehmervertretung in den Betrieben ist sehr viel schwieriger. Bis heute haben die USA Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) nicht ratifiziert.

Vor allem in den US-amerikanischen Südstaaten kämpfen auch Politiker gegen gewerkschaftliches Engagement. Sie werben mit hohen Subventionen für Unternehmensansiedlungen in gewerkschaftsfreien Zonen. Seit Jahrzehnten steigen die Löhne in den USA langsamer als die Produktivität. Die Lohnstückkosten im verarbeitenden Gewerbe sind etwa 20 Prozent niedriger als in Deutschland. Durch die Öffnung der Märkte würde der Wettbewerbsdruck auf deutsche Standards zunehmen.

2. Der Staat auf der Anklagebank
TTIP enthält Regeln zum Schutz ausländischer Investoren vor entschädigungsloser direkter und indirekter Enteignung. Dabei geht es um völkerrechtlich verbindliche Standards. Sehen Investoren ihre Rechte verletzt, können sie Staaten vor sogenannten Schiedsgerichten auf Schadenersatz verklagen.

Damit greifen Konzerne in demokratische Entscheidungen ein: Beschließt ein Parlament zum Beispiel strengere Arbeitsschutzregeln oder einen höheren Mindestlohn, könnten Unternehmen vor einem internationalen Schiedsgericht klagen, weil ihnen unerwartet höhere Kosten entstehen. Die Schiedsgerichte sind intransparent, nicht demokratisch legitimiert - und überflüssig. USA und EU verfügen über hoch entwickelte Rechtssysteme, die Investoren ausreichend Schutz bieten.

3. Ausverkauf öffentlicher Güter
TTIP könnte die Privatisierung öffentlicher Daseinsvorsorge erleichtern - ob Wasserversorgung, Kliniken oder Müllabfuhr - wenn diese nicht ausdrücklich von der weiteren Marktöffnung ausgeschlossen werden. In den vergangenen Jahrzehnten wurden bereits viele staatliche Unternehmen privatisiert. Die Erfahrungen waren oft negativ. Mittlerweile kaufen Kommunen privatisierte Versorgungsunternehmen wieder zurück ("Re-Kommunalisierung").

4. Zweifelhafter Nutzen
So groß die Risiken von TTIP sind, so gering ist das erhoffte Plus beim Wirtschaftswachstum. Eine Studie der EU-Kommission erwartet durch TTIP ein zusätzliches jährliches Wachstum von nur 0,05 Prozentpunkten in einem Zehnjahres-Zeitraum. Mit TTIP würde die Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts (BIP) also beispielsweise bei 1,05 Prozent statt bei ein Prozent liegen. Andere Forscher erwarten Arbeitsplatzverluste.

Warum ist die IG Metall gegen CETA?

Das geplante Freihandelsabkommen CETA mit Kanada birgt ähnliche Risiken wie TTIP. Der potentielle Nutzen ist aber noch geringer, weil Kanada unter den Handelspartnern Deutschlands hinsichtlich des Exports nur auf Platz 28 steht. Im Gegensatz zu vielen EU-Handelsabkommen enthält CETA keine Menschenrechtsklausel, die bei Verstößen ein Aussetzen des Abkommens ermöglichen würde.

Problematisch ist auch: Mit CETA könnten US-Konzerne den umstrittenen Investorenschutz durchsetzen und EU-Staaten verklagen - selbst wenn TTIP kein solches Kapitel enthalten sollte. Die Unternehmen müssten dazu lediglich einen Standort in Kanada betreiben.

Und was will die IG Metall?

Die IG Metall unterstützt grundsätzlich den Freihandel. Kaum ein Land profitiert so stark vom Handel mit Industrieprodukten wie Deutschland. Freihandel muss aber fair und sozial sein. Das ist bei TTIP nach jetzigem Stand nicht zu erwarten.

Die IG Metall hat gemeinsam mit den anderen DGB-Gewerkschaften klare Kriterien für ein mögliches Freihandelsabkommen definiert:

  1. Das Abkommen darf deutsche Arbeitnehmerrechte und Sozialstandards nicht gefährden. Nötig sind verbindliche und durchsetzbare Regeln zum Schutz und Ausbau dieser Rechte.
  2. Das Abkommen darf Standards beim Verbraucher- und Umweltschutz nicht absenken. Auch hier braucht es klare Regeln.
  3. Das Abkommen darf keine Klauseln zum Investitionsschutz beinhalten, die Arbeitnehmerrechte einschränken können. Die Möglichkeit des Staates, im öffentlichen Interesse Gesetze zu erlassen, muss unangetastet bleiben.
  4. Die USA müssen alle acht Kernarbeitsnormen der ILO anerkennen und umsetzen.
  5. Für entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen mindestens dieselben Arbeitsstandards und -rechte gelten, wie für andere Beschäftigte im Zielland.
  6. Keine weitere Liberalisierung oder Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen; keine Vereinbarungen, die Regulierung behindern.

Letzte Änderung: 06.08.2015