Trotz Aufschwung - verstärkte Leiharbeit

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16.02.2011 Frankfurt/Main - Die IG Metall hat den Arbeitgebern eine "Dumping-Strategie" und der Bundesregierung "Nichtstun" beim Thema prekäre Beschäftigung vorgeworfen.

"Trotz Aufschwung setzen die Arbeitgeber voll auf Leiharbeit und prekäre Beschäftigung. Das ist ein arbeitsmarktpolitischer Irrweg mit weit reichenden und gefährlichen Konsequenzen", sagte Berthold Huber, Erster Vorsitzender der IG Metall, am Mittwoch in Frankfurt. Es gehe um den Wert der Arbeit an sich und die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Arbeit sei der wertvollste Rohstoff, den Deutschland besitze. "Wir verfügen über wenige seltene Erden, dafür aber über besonders gut qualifizierte Fachkräfte. Die aktuelle Dumping-Strategie der Arbeitgeber und das Nichtstun der Regierungsparteien drohen diesen jahrzehntelang entwickelten Vorteil ins Gegenteil zu verkehren", kritisierte Huber.

Die verloren gegangene Ordnung am Arbeitsmarkt müsse wieder hergestellt werden. Sie dürfe nicht durch prekäre Beschäftigung vollständig zerbrechen. Der bundesweite, betriebliche Aktionstag am 24. Februar 2011 sei das Signal der Arbeitnehmer an Politik und Arbeitgeber für dringend notwendige Regulierungen. "Wir brauchen vor allem Equal Pay bei der Leiharbeit und die Wiedereinführung des Synchronisationsverbots", forderte der Gewerkschaftsvorsitzende.

Nach einer Umfrage der IG Metall unter Betriebsratsvorsitzenden nutzen mehr als zwei Drittel der Unternehmen Leiharbeit; die Hälfte der Betriebe "mehr" als drei Monate zuvor oder "gleichbleibend". Die Zahl der Betriebe, die ganz auf Leiharbeit verzichten, sank auf 32 Prozent (September 2010, 34 Prozent). In 83 Prozent der Betriebe besteht zusätzlicher Bedarf an Beschäftigten. Nur etwa ein Fünftel stellt in normale Arbeitsverhältnisse ein.

Der schon in der letzten Befragung festgestellte hohe Anteil an prekären Arbeitsverhältnissen bleibe auf konstant hohem Niveau, kritisierte Detlef Wetzel, Zweiter Vorsitzender der IG Metall. "Nichts hat sich geändert. Im Gegenteil. Die Arbeitgeber richten sich mit Leiharbeit und Befristung ein." Entgegen aller öffentlichen Bekundungen werde Leiharbeit nicht zum Abfedern von Auftragsspitzen genutzt, sondern zunehmend als strategisches Instrument zur Etablierung einer neuen Billiglohnlinie eingesetzt.

Zudem nehmen Werkverträge drastisch zu. In fast 40 Prozent der Betriebe werden Werk- und Dienstverträge als Flexibilisierungsinstrument eingesetzt. "Neben der Leiharbeit infiziert eine neue Krankheit den Arbeitsmarkt. Auch dies geht vor allem zu Lasten der Stammbelegschaften", sagte Wetzel.

In einer repräsentativen Umfrage von TNT Infratest, im Auftrag der IG Metall, sprach sich die weit überwiegende Mehrheit der Befragten für eine gesetzliche Gleichstellung von Leiharbeitern aus. Vier Fünftel der Befragten (80 Prozent) halten danach eine gesetzliche Gleichstellung für "erforderlich" oder "dringend erforderlich".

An der Umfrage der IG Metall im Februar 2011 hatten sich 4.937 Betriebsratsvorsitzende beteiligt. Der Rücklauf betrug 64,2 Prozent.

Letzte Änderung: 16.02.2011